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Update – Fokus Menschenrechte: 214 Milliarden Euro in Unternehmen investiert, die im Konflikt mit Menschenrechten stehen

Bild: © n.v.

Wir von Faire Fonds, die beiden NGOs Facing Finance und urgewald, haben ein Update des kostenlosen Verbraucherportals Faire Fonds Info (www.faire-fonds.info) veröffentlicht, das Nachhaltigkeitschecks von Investmentfonds ermöglicht.

Das Portal durchleuchtet nun die Investments von 2.885 in Deutschland zugelassenen Publikumsfonds (davon 839 ETFs) in 1.120 ausgewählte Unternehmen, die wegen Verstößen gegen internationale Normen und Standards in den Bereichen Umwelt, Soziales oder Governance (ESG) in der Kritik stehen.

Mit Fokus auf Menschenrechtsverletzungen können wir leider kein gutes Bild zeichnen. In vielen Fonds befinden sich Aktien oder Anleihen von Firmen, denen immer wieder wegen ihrer eigenen Geschäftsaktivitäten oder entlang ihrer Lieferkette Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen vorgeworfen werden, auf die sie nicht angemessen reagiert haben. Beispielsweise, weil sie keine Entschädigungen an die Opfer ihrer Geschäftspraktiken gezahlt haben[1]. So waren zum Zeitpunkt der Recherche 214 Milliarden Euro in 66 börsennotierte Unternehmen aus den Branchen Automobil, Informationstechnik und Agrarwirtschaft investiert, gegen eben jene menschenrechtsverletzende Vorwürfe erhoben werden.

Die Faire Fonds Info-Analyse zeigt, dass beispielsweise trotz der Berichterstattung zu Arbeitsrechtsverstößen in Lieferketten der Tech-Industrie konventionelle, aber auch ESG-Fonds häufig und z.T. umfassend in Konzerne dieser Branche investieren. Ein Viertel der insgesamt 2.884 untersuchten Fonds waren zum Untersuchungszeitpunkt z.B. in Microsoft (707 Fonds) investiert, dicht gefolgt von Apple (656) und Amazon (470). Selbst die untersuchten ESG-Fonds (1.782) waren zu einem Viertel an Microsoft beteiligt (466), ebenfalls gefolgt von Apple (380) und Amazon (246).

In diesem Kontext steht häufig der Rohstoffkonzern Glencore als Zulieferer der Technologiekonzerne Microsoft, Alphabet, Dell oder Apple in der Kritik. Glencore wird vorgeworfen, in Kobaltminen in der Demokratischen Republik Kongo Kinder, die teilweise erst 6 Jahre alt sind, zu beschäftigen – für ca. 1,5 Dollar am Tag und bis zu 6 Tage in der Woche. Dies sind Vorwürfe, auf die die Technologiekonzerne, trotz Klage durch die Menschenrechtsgruppe Rights Advocates, bisher nicht ausreichend reagiert haben. Die Klage wurde von einem US-Bezirksrichter im November 2021 abgewiesen, nachdem die Tech-Giganten öffentlich darlegten, dass die Minen nicht ihnen gehören würden und sie einen zwischengeschalteten Lieferanten zur Kommunikation mit den Minen hätten. Sie postulierten, dass nach der Definition des „Trafficking Victims Protection Reauthorization Act (TVPRA)“ eine gesamte globale Lieferkette „kein Unternehmen“ ist[2].

Waffenexporte und Menschenrechte in deutschen Publikumsfonds

Die neue Untersuchung von Faire Fonds Info zeigt zudem, dass 46 % aller untersuchten Fonds und selbst 39% aller ESG-Fonds nach wie vor in Waffenexporteure4 investieren. Unternehmen aus den USA, Frankreich, Großbritannien, aber auch aus Deutschland beliefern Länder wie z.B. Saudi-Arabien in teils großem Umfang mit Waffen und Munition – trotz der bekannten Risiken von damit begangenen Kriegsverbrechen im Jemenkrieg und Menschenrechtsverletzungen. Dabei verbietet der „Arms Trade Treaty“ (ATT), der seit fast 10 Jahren in Kraft ist, Rüstungsgütertransfers, wenn ein großes Risiko besteht, dass Waffen bei Kriegsverbrechen oder schweren Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden.

 

Unsere beiden Projektkoordinatorinnen sagen folgendes zu den Ergebnissen des Updates:

Frederike Potts, Projektkoordinatorin bei Facing Finance: „Investments in Unternehmen, die den Opfern ihrer menschenrechtverletzenden Geschäftspraktiken – auch entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette – keine Entschädigung zahlen, dürften niemals unter dem Attribut ‚nachhaltig‘ vermarket werden. Das täuscht Verbraucher*innen. An einem Fall wie Glencore und seiner Beziehungen zur Tech-Industrie kann man gut sehen, weshalb auch der Finanzsektor umfassend in die EU-Lieferkettenregulierung aufgenommen werden muss.“

Julia Dubslaff, Projektkoordinatorin bei urgewald: „Während wir bei Richtlinien und Ausschlüssen für fossile Energien eine gewisse positive Dynamik erleben und selbst die DWS kürzlich eine Richtlinie zu Kohle-Investitionen aufgestellt hat, sind Investitionen in Unternehmen, die Menschenrechtsverletzungen begehen bzw. tolerieren, bei sämtlichen deutschen Anbietern nicht ausreichend durch entsprechende Richtlinien geregelt. Insbesondere ESG-Fonds, die sich immer mehr aus fossilen Energien zurückziehen, dürfen jetzt nicht ihr Heil in Profiten suchen, die mit Verletzungen von Menschenrechten in der Lieferkette erkauft werden.“

Hier geht es zur PE.

 

[1] In der Methodik von Faire Fonds Info finden sich Details zum CHBR und der Anwendung der Benchmark im Rahmen des Verbraucherportals. Für Faire Fonds Info werden diejenigen Unternehmen ausgewählt, die laut der CHRB nicht angemessen auf die Vorwürfe reagiert haben: https://www.faire-fonds.info/methodik/

[2] Lawsuit against Apple, Google, Tesla, and others (re child labour, DRC) – Business & Human Rights Resource Centre (business-humanrights.org)

 

 

 

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