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Panzer für die Türkei, Fregatten für Ägypten, Kampfjets für Katar, Munition für Saudi-Arabien: Waffen aus aller Welt, auch aus Deutschland, kommen in fast allen Kriegen und Konflikten dieser Welt zum Einsatz. Sie töten, verstümmeln und zerstören und zwingen immer mehr Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen. 2% des globalen Bruttoinlandsproduktes fließen aktuell in den Rüstungssektor und vielerorts sogar deutlich mehr als in die Sektoren Bildung und Gesundheit.
Auch in zahlreichen gängigen Fondsprodukten finden sich immer wieder Rüstungsfirmen, die immer neue Waffen entwickeln, Atomwaffenarsenale modernisieren oder dabei helfen, Despoten und Kriegsregionen weiter aufzurüsten.
Vermögensverwalter vergessen dabei, dass ihre Kund*innen in großer Mehrheit keinesfalls wollen, dass ihr Geld Rüstungsfirmen unterstützt, die damit z.B. Despoten aufrüsten oder Kriegstreiber mit noch mehr Waffen ausstatten. Mittlerweile laufen erste Gerichtsverfahren, um die Vorstände führender Rüstungskonzerne wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen im Jemen zur Rechenschaft zu ziehen.[1]
Trotz zahlreicher NGO-Kampagnen haben die meisten Vermögensverwalter noch immer keine umfassenden Ausschlusskriterien zum Thema Rüstung. Der Ausschluss von Landminen und Streumunition ist zwar mittlerweile ein gängiges Kriterium, doch schon Hersteller von Atomwaffen sind nur noch vereinzelt ausgeschlossen, wie z.B. bei Union Investment. Ansonsten wird aber weiterhin in Rüstungsriesen wie z.B. Airbus investiert – obwohl das Unternehmen an der Herstellung von Atomwaffen und Kampfjets, die im Jemen-Krieg eingesetzt werden, beteiligt ist.
Von der Fondsbranche fordern wir mit Blick auf die immensen humanitären Folgen solcher Rüstungsvorhaben mindestens folgende Ausschlüsse:
- Keine Investitionen in Unternehmen, die geächtete Waffen herstellen. Dies umfasst zumindest Landminen, Streumunition sowie ABC-Waffen (atomare, biologische und chemische Waffen)
- Keine Investition in Unternehmen, die ihre Güter an kriegführende und menschenrechtsverletzende Staaten liefern
- Keine Investition in Unternehmen, die an der Entwicklung autonomer Waffensysteme beteiligt sind, die Ziele ohne menschliche Kontrolle auswählen und bekämpfen können.
Die vier großen deutschen Fondsanbieter und Waffenhersteller
Auf dem deutschen Fondsmarkt geben DWS, Union Investment, Deka Investment und Allianz den Ton an. Die vier großen deutschen Fondsanbieter kontrollieren mehr als 70 Prozent des heimischen Marktes für Publikumsfonds[2]. Sie können dafür auf etablierte Vertriebsstrukturen zurückgreifen: Die Deka Investment verkauft ihre Produkte ausschließlich über die Sparkassen, Union Investment kooperiert mit den Volks- und Raiffeisenbanken. Die DWS setzt auf die Filialen der Deutschen Bank und der Postbank und arbeitet darüber hinaus eng mit dem Versicherer Zurich zusammen. Allianz Global Investors ist strategischer Partner der Commerzbank und vertreibt zudem viele Fonds über das Vertreter*innennetz der Allianz.
Aufgrund vorhandener Kund*innennähe vertrauen nachhaltig orientierte Sparer*innen oftmals „blind“ darauf, dass ihr Erspartes von ihren Berater*innen auch in nachhaltigen Produkten angelegt wird. Umfrageergebnissen zur Folge wollen Bundesbürger*innen mit ihren Spareinlagen v.a. nicht in die Waffen- und Rüstungsindustrie (76 %) investiert sein[3]. Trotzdem wenden die führenden Vermögensverwalter erst bei einem Bruchteil von max. 5-10% der von ihnen verwalteten Gelder Ausschlusskriterien für Rüstung oder andere kontroverse Sektoren an.
Kategorische Ausschlusskriterien für die Rüstungsindustrie besitzen die vier großen Fondsgesellschaften für ihre herkömmlichen, nicht explizit als nachhaltig klassifizierten, Produkte hierzulande nicht. Das bedeutet, dass das Geld der Sparer*innen durchaus bei Rüstungsfirmen landen kann.
Die DWS schließt im Fondsgeschäft generell nur Investitionen in Streumunitions- und Landminenhersteller aus[4], Atomwaffenhersteller sind nur bei als nachhaltig klassifizierten Produkten tabu. Darüber hinaus bekennt sich die DWS lediglich dazu, Umwelt- und Sozialkriterien in Analysen und Anlageentscheidungen einzubeziehen und sich im Rahmen von Engagementprozessen mit Unternehmen für diese Themen einzusetzen und dies auch beim Abstimmungsverhalten auf Aktionärsversammlungen zu berücksichtigen.
Rechtlich gesehen ist die Postbank seit einigen Jahren eine Tochter der Deutschen Bank. Den 13 Mio. Geschäfts- und Privatkund*innen werden daher für die Geldanlage primär Produkte des Wertpapierhauses der Deutschen Bank, der DWS, angeboten. Für die Geldanlage gelten hier die gleichen Kriterien wie für das Mutterhaus.
In den aktuellen Daten finden sich DWS-Fonds in einer Reihe von Rüstungsunternehmen, allen voran Airbus und MTU Aero Engines, aber auch die großen US-amerikanischen Hersteller Boeing, Northrop Grumman, Raytheon und Lockheed Martin.
Allianz Global Investors als Fondsgesellschaft der Allianz schließt Landminen- und Streumunitionshersteller sowie Produzenten von biologischen und chemischen Waffen aus ihrem herkömmlichen Investmentuniversum für Privatkund*innen aus[5].
Darüber hinaus werden aufgrund zunehmender Kritik deutsche Kundengelder auch nicht mehr in Atomwaffenhersteller investiert, ohne dass dies eine Richtlinie für die gesamte Vermögensverwaltung des Konzerns darstellt. Generell gilt, dass manche Fonds der Allianz weiterhin in Rüstungsfirmen investiert sind , z.B. in die großen amerikanischen Herstellern Boeing, General Dynamics, L3Harris und Raytheon.
Übergreifende Ausschlusskriterien für den Rüstungssektor kennt Deka Investment, die Fondsgesellschaft der Sparkassen, nur für ihre explizit als nachhaltig klassifizierten Fondsprodukte, nicht jedoch für ihre herkömmlichen Produkte. Bei letzteren sind nur Streumunitions- und Landminenhersteller tabu. Ausschlusskriterien für Unternehmen, die in Spannungs- und Kriegsgebiete liefern, existieren nicht und auch Atomwaffenhersteller wie z.B. Airbus finden sich in ihren klassischen Fondsprodukten. Darüber hinaus setzt die Deka, wie ihre Wettbewerber, auch bei Rüstungsherstellern auf eine Engagement-Strategie. Die Deka Investment ist in zahlreiche führende Rüstungskonzerne investiert wie z.B. Airbus, Rheinmetall oder BAE Systems.
Die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, Union Investment, verfügt über die umfangsreichsten Ausschlusskriterien im Rüstungsbereich. Neben Streumunitions- und Landminenproduzenten investiert sie im Rahmen aller ihrer Publikumsfonds auch nicht mehr in Atomwaffenhersteller. Investitionen in Rüstungshersteller, die ihre Güter auch in Krisen- und Kriegsgebiete exportieren, bleiben indes bei konventionellen Fonds weiter möglich, z.B. in MTU Aero Engines oder Raytheon. Da gilt auch bei Union Investment die Strategie: Engagement statt Divestment.
[1] Interview mit Miriam Saage-Maaß (ECCHR) zur Mitschuld von Rüstungskonzernen an Kriegsverbrechen: https://www.ipg-journal.de/interviews/artikel/exporte-in-den-krieg-4017/
[2] Fondsmarkt Deutschland: http://www.stock-world.de/nachrichten/fonds/Fondsmarkt-Deutschland-So-dominant-sind-Grossen-Vier-wirklich-Fondsnews-n8432400.html
[3] VZ Bremen/forsa: Meinungen zu ethisch-ökologischen Standards bei der privaten Altersvorsorge https://www.verbraucherzentrale-bremen.de/sites/default/files/migration_files/media248488A.pdf
[4] DWS ESG Engine: file:///Users/admin/Downloads/Brosch%C3%83%C2%BCre_esg_engine_en_20180905_-10.pdf
[5] Allianz Global Investors: Nachhaltig Geld anlegen https://de.allianzgi.com/de-de/pro/ueber-uns/unser-esg-ansatz; ESG Integration Framework https://www.allianz.com/content/dam/onemarketing/azcom/Allianz_com/sustainability/documents/Allianz_ESG_Integration_Framework.pdf