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Fonds im Fokus – (3) DWS ESG Investa – jetzt nachhaltig?

Bild: © Eigenes Bild

In unserer Rubrik „Fonds im Fokus“ möchten wir regelmäßig einzelne Fonds aus unserer Datenbank etwas genauer unter die Lupe nehmen. Diese wählen wir anhand von Kriterien wie allgemeiner Beliebtheit oder Besonderheiten beim Fondsvolumen oder der Anlagestrategie aus.

In dieser Ausgabe von „Fonds im Fokus“ geht es um Fonds des zur Deutschen Bank gehörenden Vermögensverwalters DWS. Bei der Aktualisierung unserer Datenbank ist uns aufgefallen, dass für einige Fonds der DWS offenbar eine Änderung in der Anlagepolitik vorgenommen wurde. Die äußerte sich auch in einer veränderten Bezeichnung der Fonds. Einer der Fonds, die nun einen Nachhaltigkeitsanspruch erheben, ist der DWS ESG Investa LD (ISIN: DE0008474008). Doch was ist von den eingeführten Kriterien zu halten und wie haben sich die Holdings seither verändert?

Die Begrifflichkeit „ESG“ wird immer häufiger als Label für (vermeintlich) nachhaltige Geldanlagen herangezogen. Die drei Buchstaben beschreiben drei Verantwortungsbereiche, die auch Unternehmen ausfüllen sollten. Das „E“ (Environment) steht für Aspekte des Umweltschutzes, das „S“ (Social) für soziale Verantwortung und das „G“ (Governance) für den Bereich der nachhaltigen Unternehmensführung wie beispielsweise die Verhinderung von Korruption. Das Konzept sieht in Bezug auf die Geldanlage vor, diese Aspekte zur Messung von Nachhaltigkeit in einem Unternehmen und der gesellschaftlichen Auswirkung einer Investition in dieses Unternehmen heranzuziehen. Allerdings gibt es keine einheitliche Definition von Nachhaltigkeit in der Geldanalage.

Die DWS will ESG-Aspekte ebenfalls verstärkt in ihre Investitionen einbeziehen. Laut Geschäftsbericht 2019 hat die DWS das allgemeine Ziel sich „als führender ESG- integrierter Vermögensverwalter zu positionieren und ESG zum Kern […] [ihres] Handelns zu machen.“[1] Erfreulicherweise wird Nachhaltigkeit als einer der vier Hauptunternehmenswerte genannt und die Philosophie des „Responsible Investments“ formuliert. Die Neuausrichtung einiger Fonds soll offenbar Ausdruck dessen sein. Sie impliziert jedoch gleichzeitig, dass die zur Investition zugelassenen Unternehmen einer Untersuchung auf Nachhaltigkeitskriterien standhalten.

Im Juli 2019 informierte die DWS alle Anteilhaber der betroffenen Fonds in einem Schreiben über die bevorstehende ESG-Integration in die Anlagepolitik. Im Rahmen des Wertpapierauswahlprozesses sollen neben dem finanziellen Erfolg eines Unternehmens auch ESG-Kriterien bei der Auswahl berücksichtigt werden. Im Falle des Fonds DWS ESG Investa LD nennt die DWS in ihrem Verkaufsprospekt folgende Kriterien:[2]

Umwelt:

  • Erhaltung von Flora und Fauna,
  • Schutz der natürlichen Ressourcen, der Atmosphäre und der Binnengewässer,
  • Begrenzung der Bodenverschlechterung und des Klimawandels,
  • Vermeidung von Eingriffen in Ökosysteme und Verlusten der biologischen Vielfalt.

Soziales:

  • Allgemeine Menschenrechte,
  • Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit,
  • Zwingende Nichtdiskriminierung,
  • Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz,
  • Faire Arbeitsplätze und angemessene Entlohnung.

Unternehmensleitsätze:

  • Unternehmensleitsätze gemäß ICGN (International Corporate Governance Network),
  • Prinzipien der Korruptionsbekämpfung gemäß UN Global Compact.

Zur Frage, wie die einzelnen Ziele in die Bewertung eingehen, schreibt die DWS in dem Verkaufsprospekt des Fonds: „Die ESG Kriterien werden in einem proprietären ESG Rating zusammengefasst, das auf Basis verschiedener ESG-Datenanbietern berechnet wird.“

Insgesamt nennt die DWS drei Strategien zur Umsetzung der ESG-Integration. Mit einer Kombination der „Negative-Screening“- und „Best-in-Class“-Strategie sollen die richtigen Unternehmen, Staatsanleihen und supranationalen Emittenten ausgewählt werden. Zusätzlich sollen durch eine „Engagement“-Strategie „der Dialog mit Unternehmen bezüglich einer besseren Unternehmensführung und einem nachhaltigeres bzw. sozialeres Wirtschaften“ gesucht werden.

Kritik:

Den Formulierungen fehlt die konkrete Ausgestaltung. Beispielsweise wird nicht definiert, was „Begrenzung der Bodenverschlechterung und des Klimawandels“ konkret bedeutet und welche Ausgangswerte herangezogen werden. Es bleibt außerdem fragwürdig, ob die Kriterien auch für die Lieferkette von Unternehmen gelten. Ebenfalls unklar bleibt die Zusammensetzung des Ratingprozesses und die genaue Auswahl der ESG-Datenanbieter. Jedoch hat beides einen sehr großen Einfluss auf die Ergebnisse.

Welche Ausschlusskriterien („Negative-Screening“-Strategie) angewendet werden, wird nicht benannt. Durch die „Best-in-Class“-Strategie können grundsätzlich auch kritische Branchen wie die Waffen- oder Ölindustrie aufgenommen werden. Zudem haben Unternehmen die Möglichkeit ihre ESG-Ratings zu verbessern, ohne die eigentliche Produktionsweise zu ändern. Dies geschieht dadurch, dass externalisierte Faktoren nicht wirklich mit einbezogen werden.  Beispielsweise durch Outsourcing bestimmter Produktionsteile an externe Dienstleister.

Wir haben außerdem das Portfolio des Fonds DWS ESG Investa LD seit August 2019 bis Februar 2020 untersucht und zu verschiedenen Berichtszeitpunkten keine wesentlichen Änderungen bei den Holdings festgestellt. Es finden sich auch einige Unternehmen in dem Portfolio, die nach unserer Methodik als kontrovers gelten. Die Veränderung in den Anteilen ist u.E. als gängige Anpassung des Portfolios anzusehen und nicht auf die Einführung von ESG-Kriterien zurückzuführen.

Kontroverse Unternehmen DWS Investa LD

31.08.2019, Beteiligung in %

DWS ESG Investa LD

29.02.2020, Beteiligung in %

Airbus SE 0,86 0,13
BASF SE 0,03
Bayer AG 4,82 2,58
E.ON SE 1,06 0,3
HeidelbergCement AG 1,18 1,02
Infineon Technologies AG 2,69 3,85
MTU Aero Engines 1,17 0,57
RWE AG 0,85 2,2
Siemens AG 4,17 2,83
Volkswagen AG 1,8 0,93
Gesamt: 18,63 14,41

 

Es wird deutlich, dass dieser Fonds strengen nachhaltigen Ansprüchen kaum standhalten kann, denn die Auswahl der Unternehmen für die Index-Abbildung nach der Namensänderung beinhaltet weiterhin 9 von 10 kontroversen Unternehmen. In den Fällen von RWE AG und Infineon Technologies AG ist die Beteiligung sogar gestiegen. Im Falle von RWE wurden die Anteile um 44.676.386 EUR erhöht, bei Infineon Technologies AG um 34.966.787 EUR.

RWE: Begrenzung der Bodenverschlechterung und des Klimawandels?!

Die in Deutschland ansässige Holdinggesellschaft RWE AG (RWE) ist in der Erzeugung, Übertragung, Verteilung und im Handel von Strom und Gas tätig. Sie erzeugt laut der Global Coal Exit List (GCEL) von urgewald Energie u.a. mit einer installierten Kohlekraftwerksleistung von ca. 17.475 MW. Darüber hinaus förderte RWE im Jahr 2018 86.300.000 t Kohle allein in Deutschland. Damit sind RWE umgerechnet im Jahr 2018 für 7,9% der Deutschen CO2-Bilanz verantwortlich. Die Erzeugung von Strom in Kohlekraftwerken ist die klimaschädlichste Form der Energiegewinnung. Laut dem IPCC-Bericht 2018 muss die Kohleverstromung bis 2030 um 78% sinken, wenn die 1,5°C-Grenze in Reichweite gehalten werden soll. Der Anteil der Erneuerbaren Energieträger an der Stromerzeugung des Energiekonzerns RWE im Jahr 2019 betrug gerade einmal 10,7%.[3] Zuletzt wurde in der Debatte um den Hambacher Forst deutlich, wie sehr RWE für die Braunkohle kämpft.

Infineon: Faire Arbeitsplätze und angemessene Entlohnung?!

Der in Deutschland ansässige Entwickler und Hersteller von Halbleitern und verwandten Systemlösungen, Infineon Technologies AG, ist vor allem mit Blick auf Menschenrechte und Arbeitsrechte problematisch. So erzielte die Infineon Technologies AG beim Corporate Human Rights Benchmark (CHRB) 2019 eine Bewertung von unter 20%. Die Ergebnisse des CHRB sind ein Indikator für die Einhaltung der Menschenrechte durch Unternehmen. Eine niedrige Bewertung durch den CHRB bedeutet nicht notwendigerweise, dass Verstöße oder schlechte Praktiken vorliegen, oder internen Maßnahmen zu diesem Thema fehlen (da diese lediglich nicht öffentlich kommuniziert werden). Dennoch sind insbesondere in globalen Lieferketten Risiken zu Verstößen gegen Arbeits- und Menschenrechte nachweislich hoch und verbreitet. Beispielsweise im Falle der Diskriminierung der Gewerkschaften in Malaysia. Eine Gesamtbewertung von unter 20% legt demnach nahe, dass ein Unternehmen die wirksame Achtung von Menschenrechten nicht ausreichend nachweisen kann und somit die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten, die die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) fordern, nicht ausreichend umgesetzt werden.

VW und Bayer: Schutz der natürlichen Ressourcen, der Atmosphäre und der Binnengewässer?!

Der weltweit agierende Chemie- und Pharmakonzern Bayer gerät vor allem aufgrund der Produktion von Pestiziden immer wieder in die Kritik. Im Jahre 2016 kaufte Bayer den Konkurrenten Monsanto mit 66 Mrd. USD auf und wurde dadurch zum größten Produzenten von Pestiziden weltweit. Die mit der Übernahme einhergehende Marktmacht des Pharmakonzerns wurde nicht zuletzt wegen eines befürchteten Konkurrenzrückgangs kritisiert. NGOs wie der BUND kritisierten vor allem die Integration eines weltweit kritisierten Produzenten von genetisch veränderten Samen und Glyphosat.

Volkswagen sorgte dagegen im Rahmen des Dieselskandals mit einer Reihe von überwiegend illegalen Manipulationen zur Umgehung gesetzlich vorgegebener Grenzwerte für Aufsehen. Laut der Agentur RepRisk war VW 2016 demnach eines der 10 Unternehmen, die in der Öffentlichkeit am stärksten kritisiert wurden. Dem Unternehmen wurden neben Korruption auch umweltzerstörende und klimaschädigende Tätigkeiten nachgewiesen, woraufhin das Vertrauen in das Unternehmen fortwährend stark beschädigt ist.

Rüstung?!

Darüber hinaus finden sich im neuen „nachhaltigen“ Portfolio des „DWS ESG Investa LD“ auch kontroverse Unternehmen aus der Rüstungsbranche. Zwar nicht in unserer Liste kontroverser Unternehmen geführt, da es nicht zu den größten Rüstungskonzernen laut des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) gehört, doch trotzdem in der Rüstungsbranche aktiv, ist das Unternehmen MTU Aero Engines. Mit ca. 1% beteiligt sich hier der Fonds an einem Unternehmen, das die Triebwerke für den Eurofighter und den Typhoon baut. Mit 0,13 % beteiligt sich der Fonds darüber hinaus an der Airbus Gruppe, Europas größter Luft- und Raumfahrt- sowie zweitgrößter Rüstungskonzern. Zum Produktportfolio zählen hier u.a. militärische Flugzeuge (z.B. Eurofighter), kommerzielle Trägerraketen und Lenkflugkörper.

Fazit: Auch hier zeigt sich wieder, dass Fondsanbieter ihre eigenen Nachhaltigkeitskriterien anwenden und somit den Kund*innen einen falschen Eindruck vermitteln können. Die Namensänderung der DWS-Fonds suggeriert ein nachhaltiges Fondsmanagement, doch durch schwammige Formulierungen, das Zurückhalten von Informationen und unzureichende Strategien bei der Auswahl der Fonds („Best-in-Class“-Strategie), bleibt es den Fondsmanagern möglich international kritisierte Unternehmen wie RWE, Airbus oder Bayer in „nachhaltige“ Fonds aufzunehmen. Im Ergebnis ist dies ein klassisches Beispiel für „Greenwashing“. Zwar ist der Anteil der problematischen Unternehmensbeteiligungen insgesamt zurückgegangen, doch zeigen gerade die Anstiege der Anteile an RWE und Infineon Technologies AG, dass es sich bei der Namensänderung nur um ein Marketingprojekt handeln kann. Das selbst formulierte Ziel sich „als führender ESG- integrierter Vermögensverwalter zu positionieren und ESG zum Kern […] [ihres] Handelns zu machen“, hat die DWS damit jedenfalls noch nicht erreicht.

 

[1] DWS Geschäftsbericht 2019, S. XVII

[2] Verkaufsprospekt DWS Investa S. 30

[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/184795/umfrage/anteil-der-energietraeger-an-der-stromerzeugung-von-rwe/

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