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In Teil 1 dieser Ausgabe des „Fonds im Fokus” haben wir ETFs, die den MSCI World Index nachbilden, näher beleuchtet und argumentiert, dass Investitionen in diese ETFs unweigerlich die Teilhabe an kontroversen Unternehmen zur Folge haben. Eine Alternative für InvestorInnen, die für ihre Investments soziale und ökologische Mindeststandards fordern, wird mit „nachhaltigen“ MSCI World-ETFs versprochen. Diese finden sich in Empfehlungen zu nachhaltigen Geldanlagen wieder, weshalb sich ein genauerer Blick in das Portfolio und die Auswahl-Methodik des entsprechenden „nachhaltigen” Indexes lohnt!
„Nachhaltige“ MSCI World-ETFs
Die nachfolgende Tabelle zeigt die in unserer Datenbank enthaltenen „nachhaltigen“ MSCI World-ETFs, die Höhe ihrer kontroversen Beteiligungen sowie eine beispielhafte Erwähnung kontroverser Unternehmen, die in diesen Portfolios enthalten sind. SRI steht dabei für „Socially Responsible Investing”, ESG für „Environment, Social, and Governance”. Beide Konzepte sehen vor, Aspekte des Umweltschutzes, der sozialen Verantwortung und der guten Unternehmensführung zur Messung von Nachhaltigkeit und der gesellschaftlichen Auswirkung einer Investition in ein Unternehmen heranzuziehen, ohne dass es hierfür eine einheitliche Definition gäbe.
Name | KVG | Höhe kontroverser Beteiligungen | Beispiele kontroverser Unternehmen |
Xtrackers ESG MSCI World UCITS ETF – 1C | DWS | 12,83%
(51 kontroverse Titel) |
Kawasaki Heavy Industries (Rüstung)
Total S.A. (Klima/Ölkonzern) RWE AG (Klima/Kohleverstromung) Starbucks Corp. (Menschen- & Arbeitsrechte / Umwelt) |
iShares MSCI World SRI UCITS ETF EUR Acc | BlackRock | 14,4%
(24 kontroverse Titel) |
PepsiCo, Inc. (Klima / Umwelt)
Procter & Gamble Company (Klima / Umwelt) Honda Motor Co. Ltd. (Arbeitsrechte) |
BNP Paribas Easy MSCI World SRI S-Series 5% Capped ETF | BNP Paribas | 14,29%
(23 kontroverse Titel) |
Siehe oben, sowie zusätzlich:
HeidelbergCement (Menschen-/Arbeitsrechte) |
UBS ETF MSCI World Socially Resp UCITS (USD) Ad | UBS Fund Mgmt | 17,67%
(34 kontroverse Titel) |
Equinor ASA (ehemals Statoil), OMV AG, Total S.A. (Öl-/Gaskonzerne)
Keppel Offshore & Marine Ltd. (Korruption) |
Es wird deutlich, dass diese Fonds strengen nachhaltigen Ansprüchen kaum standhalten können, denn der Auswahl der Unternehmen für die Index-Abbildung liegen unzureichende soziale und ökologische Kriterien zugrunde.
So bildet bspw. der Xtrackers ESG MSCI World ETF den „MSCI World ESG Leaders Low Carbon ex Tobacco“-Index, der wiederum aus der ursprünglichen Auswahl des MSCI World-Indexes hervorgeht, nach. Das bedeutet, dass die Unternehmensauswahl aus der Schnittmenge der ESG Leaders- und Low Carbon Leaders-Indizes vom Fonds nachgebildet wird. Der ESG Leaders-Index enthält Unternehmen, die im Vergleich zu ihren Mitbewerbern (je Sektor) zwei Kriterien erfüllen: (i) starke Leistungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) und (ii) geringere CO2-Emissionen. Also verwendet dieser Index einen sogenannten „Best-in-Class“-Ansatz, indem nur Unternehmen mit den höchsten ESG-Ratings (von MSCI erstellt) ausgewählt werden.
Darüber hinaus werden Branchen, die per se ein hohes Risiko für ESG-Kriterien mit sich bringen – wie Alkohol, Glücksspiel, Tabak, Waffen und Atomkraft – aus dem Index ausgeschlossen. Für Tabak gilt in der Variante „ex Tobacco“ des MSCI World ESG Leaders eine Ausschlussgrenze von 5% des Umsatzes. Alle Unternehmen, die kontroverse und nukleare Waffen produzieren, werden laut Screening-Kriterien ausgeschlossen. Bei Aktivitäten in den Bereichen konventionellen Waffen, Alkohol, Glücksspiel und Atomkraft gelten folgende Kriterien:
- Konventionelle Waffen oder Komponenten: über 3 Mrd. USD Umsatz oder 50% des Gesamtumsatzes aus diesen Aktivitäten.
- Atomkraft: 6000 MW installierter Kapazität aus nuklearer Energie oder 50% des Gesamtumsatzes aus diesen Aktivitäten; darüber hinaus komplett ausgeschlossen: Unternehmen, die Kernbrennstoffanreicherung, Uranabbau oder Herstellung von Atomreaktoren betreiben.
- Glücksspiel und Alkohol: über 1 Mrd. USD Umsatz oder 50% des Gesamtumsatzes aus diesen Aktivitäten.
Der Low Carbon Leaders-Index ergibt sich aus Auswahl von Unternehmen mit geringen Kohlenstoffemissionen im Verhältnis zum Umsatz und von Unternehmen mit geringen potenziellen Kohlenstoffemissionen pro Dollar Marktkapitalisierung. Das bedeutet, dass je nach Höhe des Umsatzes / Börsenwertes eines Unternehmens, auch Unternehmen mit hohen absoluten CO2-Emissionen ausgewählt werden können (siehe unten).
Trotz dieser Schnittmenge aus vermeintlich ESG-Kriterien beachtenden und Emissions-reduzierenden Indizes umfasst der „MSCI World ESG Leaders Low Carbon ex Tobacco“-Index (und damit auch auf ihm basierende ETFs) weiterhin kontroverse Unternehmen. Denn die vom Index aufgestellten Auswahlkriterien sind nicht stark genug, um umweltschädliche und soziale Normen verletzende Konzerne auszuschließen. Energieerzeuger, die Strom aus dem Verbrennen des Klima-Killers Kohle gewinnen, sind aus unserer Sicht unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten äußerst kritisch zu sehen. So befindet sich trotz der Maßgabe niedriger CO2-Emissionen auch DTE Energy Co., ein Energieerzeuger und -versorger aus den USA, im Portfolio des Xtrackers ESG MSCI World ETF. Das Unternehmen wurde im Jahr 2016 vom Norwegischen Pensionsfonds ausgeschlossen, da es, selbst oder durch entsprechende Tochterfirmen, mehr als 30% seiner Aktivitäten auf die Produktion von thermischer Kohle richtet oder mehr als 30% des Umsatzes durch die Produktion von thermischer Kohle generiert. Außerdem enthalten: RWE AG. Das Unternehmen erzeugt laut der Global Coal Exit List (GCEL) von urgewald Energie u.a. mit einer installierten Kohlekraftwerksleistung von über 5.000 MW. Die Produktion von Kohle zur Stromgewinnung trägt wegen der damit verbundenen CO2-Emissionen massiv zum Klimawandel bei. Laut dem IPCC-Bericht 2018 muss die Kohleverstromung bis 2030 um 78% sinken, wenn die globale Erwärmung um 1,5°C begrenzt werden soll.
Außerdem enthält das Portfolio des Xtrackers ESG MSCI World ETF einige der Unternehmen, die laut Climate Action 100+ Initiative die höchsten kombinierten direkten und indirekten Treibhausgasemissionen aufweisen (gemäß Daten des Carbon Disclosure Project (CDP)), wie z.B. Equinor ASA, Marathon Petroleum oder Total S.A. Aufgrund des Best-in-Class-Ansatzes werden also Unternehmen in den Index aufgenommen, die in Relation zu vergleichbaren Unternehmen bessere ESG-Kennzahlen vorzuweisen haben – aber gleichzeitig erhebliche CO2-Emittenten sind. Dass diese Emissionen in Relation zu Umsatz / Börsenwert womöglich kleiner sind als bei vergleichbaren Unternehmen, bleibt zu bezweifeln.
Fazit: Kohle-, Öl- und Gasunternehmen haben aus unserer Sicht nichts in den Portfolios „nachhaltiger“ Fonds zu suchen. Da Fondsgesellschaften bisher ihre eigenen Nachhaltigkeits-Kriterien anwenden können, sollten InvestorInnen sich genau überlegen, was sie selbst unter Nachhaltigkeit verstehen und entsprechende Fonds genau prüfen, denn die Vermarktung nachhaltiger Fonds ist oftmals irreführend. Im Falle des Xtrackers ESG MSCI World ETF sind insbesondere der „Best-in-Class“-Ansatz, der einen Einschluss solcher Unternehmen ermöglicht, die hohen Umsatzgrenzen für die Ausschlusskriterien sowie die in Relation zu Umsatz / Börsenwert berechneten CO2-Emissionen zu bemängeln.
Teil 1 und Teil 2 dieser Ausgabe des „Fonds im Fokus” zeigen, dass ETFs, die den MSCI World-Index (auch in SRI / ESG Variante) abbilden, nicht in Übereinstimmung mit ESG-Aspekten, die einen verantwortungsbewussten Umgang mit Mensch und Natur fordern, gebracht werden können.