
Bild: © Julian Meehan [CC BY-SA]
Die Siemens AG will bis 2030 klimaneutral sein. Trotz Bekundungen, eine „führende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel einzunehmen“, hält Siemens aus „vertraglichen Verpflichtungen“ an der Lieferung einer Signalanlage fest, die den Schienenverkehr einer der größten Kohleminen weltweit steuern soll. Die Carmichael-Steinkohlemine in Queensland, Australien, wird derzeit vom indischen Adani-Konzern ausgebaut und 4,7 Milliarden Tonnen (Gt)CO2-Emissionen über die Dauer ihrer Existenz ausstoßen. Eine kurze Einordnung: Laut IPCC verblieb Ende 2017 weltweit ein CO2-Budget von 580-770 GtCO2, um mit einer 50%igen Wahrscheinlichkeit die globale Klimaerwärmung auf 1,5° zu beschränken und dem zentralen Ziel des Pariser Klimaabkommens zu entsprechen. Demnach liefert Siemens kritische Infrastruktur für eine Kohlemine, die alleine 1% des verbleibenden weltweiten CO2-Budgets verbrauchen wird.
Auch aufgrund dieser verheerenden Auswirkungen auf lokale (Wasserverbrauch, Great Barrier Reef) und globale Ökosysteme wird die Adani-Mine seit Jahren von zivilgesellschaftlichen Gruppen bekämpft. Über 60 Unternehmen haben eine Zusammenarbeit ausgeschlossen oder sind von eingegangen Verpflichtungen zurückgetreten. Darunter sind Versicherer wie die Allianz, Finanzinstitute wie die Deutsche Bank, oder technische Unternehmen wie das amerikanische Unternehmen AECOM. Doch Siemens stellt wirtschaftliche Interessen über Sorgfaltsverpflichtungen zum Klimaschutz. Da Adani ein großer Kunde ist, pocht man bei Siemens auf „Verlässlichkeit und Vertragstreue“. Immer wieder liefert Siemens Technologie für Großprojekte von Adani, sei es für Gebäude oder Verfahrensprozesse.
Der Protest von Klimaaktivist*innen und die eigenen Selbstverpflichtungen zum Klimaschutz bringen Siemens offenbar nicht von diesem Projekt ab. Können Investoren Siemens zu einem Umlenken bewegen?
Wir unterstützen den Aufruf von SumOfUS an die Investoreninitiative Climate Action 100+, das Thema Adani-Mine bei der Siemens Jahreshauptversammlung am 5. Februar auf die Agenda zu bringen und auf den Konzern einzuwirken.
Climate Action 100+ ist eine Investoreninitiative, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die weltweit größten Treibhausgase-emittierenden Unternehmen zu notwendigen Maßnahmen gegen den Klimawandel zu bewegen. Zu den Unternehmen gehören 100 „systemisch wichtige Emittenten“, die für zwei Drittel der jährlichen weltweiten Industrieemissionen verantwortlich sind. Zu den 100 systematisch stärksten Emittenten zählt auch Siemens. Mit dessen direkten und indirekten Emissionen zählt das Unternehmen laut Carbon Disclosure Project (CDP) zu den weltweit größten Verschmutzern.
Bis heute haben sich der Climate Action100+ mehr als 370 Investoren mit einem verwalteten Vermögen von über 35 Billionen USD angeschlossen. Unterzeichner sind u.a. Allianz, DWS (Vermögensverwalter der Deutschen Bank), Union Investment (DZ Bank) und neuerdings der weltweit größte Vermögensverwalter BlackRock.
Ende Januar 2020 sind folgende Beteiligungen dieser vier Vermögensverwalter an Siemens zu verzeichnen: Allianz GI GmbH ist mit 139,7 Mio. EUR (0,14%), Union Investment mit 260,3 Mio. EUR (0,31% ), DWS Investment GmbH mit 1.280,6 Mio. EUR (1,29%) und BlackRock (BR Institutional Trust Co. und BR Asset Management Deutschland AG) mit 6.564,9 Mio. EUR (6,6%) beteiligt.
Somit sind signifikante Anteilseigner von Siemens auch Teil der Klima-Initiative. Nun können diese Unternehmen beweisen, ob sie die Verpflichtungen zum Klimaschutz im Rahmen dieser Investoren-Engagement-Initiative ernst nehmen, oder ob es sich lediglich um Marketingmaßnahmen, die den Vermögensverwaltern einen grünen Anstrich geben sollen, handelt. Eine Verpflichtung zum Klimaschutz bedeutet auf Siemens einzuwirken und Rechenschaft für das Projekt mit Adani einzufordern.
Besonders relevant sind Finanzinstitute, die sich bereits vom Adani-Projekt distanziert haben. Die Deutsche Bank ließ im Rahmen der Absage an einer möglichen Finanzierung der Adani-Mine verlauten: „Wir sind derzeit nicht an diesem Projekt beteiligt und werden auch in Zukunft nicht daran beteiligt sein.“ Darüber hinaus will die Allianz generell „ab sofort keinen Versicherungsschutz mehr für den Bau und/oder Betrieb von Braunkohle-/ Kohlekraftwerken (CFPP) und Bergwerken, in denen Braunkohle gefördert wird, anbieten.“ Diese Verpflichtungen sollten diese Unternehmen nicht nur im Rahmen ihres direkten Geschäfts durchsetzen, sondern auch indirekt über ihre Beteiligung an Siemens!
Deshalb fordern wir von den Climate Action 100+ Investoren: Nehmen Sie Ihr Klima-Engagement ernst und nutzen Sie Ihre Stimmrechte bei der Hauptversammlung, um Siemens doch noch von seiner Beteiligung an Adanis Kohleprojekt abzubringen. Unterstützen auch Sie diesen Appell: schon über 90.000 Menschen haben den Aufruf von SumOfUs unterzeichnet!
In unserer Faire Fonds-Datenbank können Sie überprüfen, welche Investmentfonds an Adani, Siemens, und einer Vielzahl anderer Unternehmen, die gegen ökologische oder soziale Standards verstoßen, beteiligt sind.